Take 20 – Stillstand und Auszeit

Wir sind hier nun schon seit einigen (vielen) Wochen – die zwar alle recht schnell vergehen, aber für uns doch irgendwie wie eine halbe Ewigkeit scheinen. Wir gehen tagein tagaus in das Roadhouse. Es passiert nichts Außergewöhnliches. Kleine Dinge erscheinen für uns wie ein einziges Abenteuer. Wir sitzen manchmal da und feilen an unserer Route, wir suchen Leute/Mitreisende für unsere Offroad-Strecke im Norden (via Facebook) und bei Ralf haben wir ganz versteckte Talente entdeckt: er zeichnet. Wir haben – wie wir mal einen Nachmittag frei hatten Malsachen, d. h. einen Block und verschiedene Bleistifte und Buntstifte gekauft und seitdem wird um die Wette gezeichnet und gemalt. Wir haben beide unseren Spaß daran und es entspannt ungemein. Ralf bekommt man manchmal gar nicht mehr von seinem Blatt Papier weg – er ist wie gefangen in seinem Bild und seiner Malerei. 

An einem anderen Tag kamen wir – wie gewohnt – nach Hause, duschten und wollten uns ins Bett legen. Man muss dazu sagen, dass unser Haus ein sehr altes Haus ist. Die Wasserhähne tropfen bzw. man kann sie gar nicht fest genug zudrehen, das Wasser läuft immer ein wenig weiter. Ich war bereits im Schlafzimmer, um mich „bettfertig“ zu machen. Ralf hörte ein Geräusch und folgte diesem. Wir nutzen in dem Haus lediglich drei Zimmer. Wenn man durch eine Tür geht kommt man in einem anderen Zimmer raus, was eine Art Lagerraum war, danach kommt eine Industrieküche, Verkaufsräume von dem ehemaligen Café und weitere Räume. Das Geräusch kam aus der Küche. Ein Wasserrohr war undicht und die ganze Küche stand unter Wasser. Ich eilte zu Ralf und wir suchten im Dunkeln den Wasserhahn, um das Wasser abstellen zu können. Da wir ihn nicht fanden, kontaktierten wir notgedrungen spät abends unsere Chefin, welcher das Haus gehörte. Sie kam wenige Minuten später. Wir stellten das Wasser ab und schöpften dieses dann mit kleinen Plastikbehältnissen, Wischmobs und Lappen weg. Diese Aktion kostete uns ganze zwei Stunden. Irgendwie war es lustig und mal ein wenig Abwechslung. Wobei wir beide so eine Küche, die buchstäblich unter Wasser steht nicht mehr brauchen.

 

Am nächsten Tag wurde das Rohr repariert und die Wasserhähne und Anschlüsse im Badezimmer gleich mit. 

An einem Nachmittag habe ich mir mal unseren Rocky geschnappt und bin einfach drauf losgefahren. Was dabei raus gekommen ist - seht selbst:

Wir gehen selten – sehr selten – abends noch einen Sprung ins Pub, welches neben unserem Haus liegt. An einem Freitagabend war jedoch Livemusik und das kommt nicht allzu oft vor. Seth Lowe kündigte sich an. Sein Künstlername war „Squid“ = Tintenfisch. Ich suchte ihn auf Youtube und fand aber nicht allzu viel. Wir arbeiteten ganz normal bis 19 Uhr, gingen heim, machten uns in Ruhe fertig und liefen dann um 20 Uhr rüber zum Pub. Dort waren bereits so ziemlich alle Einwohner von Perenjori versammelt. All unsere Kunden! Und wir wurden begrüßt und empfangen, als wären wir schon immer hier und würden zur großen Familie gehören. Die Familie (Bruder und Vater) eines (dt.) Freundes, der hier in Perenjori wohnt waren derzeit zu Besuch. Wir lernten sie kennen und verbrachten den Abend mehr oder weniger zusammen. Die Jungs spielten Billard und wir tranken ein-zwei Bier. Ralf vielleicht auch vier. Um 21 Uhr fing Seth Lowe pünktlich an zu spielen. Es war einfach eine super Atmosphäre und Stimmung. Trotz allem verließen wir um 22 Uhr das Pub – das Bett rief. Am nächsten Morgen mussten wir wieder früh raus und die ganzen Kater-Kunden (Hangover) mit Frühstück und Kaffee versorgen.

 

 

Einen anderen Abend fuhren wir zu Andi (dt. Freund aus Perenjori) eine halbe Stunde entfernt nach Hause und machten dort mit ihm, seinem Bruder und seinem Vater ein Lagerfeuer, was eher an ein Buschfeuer erinnerte. Die Flammen waren ca. 5-6 Meter hoch. Sein Hund „Hektor“ wühlte in den Feldern nach Mäusen und es floss das ein oder andere Bier.

 

Von hier "draußen" hat man endlich auch mal so richtig den (mir versprochenen) Sternenhimmel mit Milchstraße gesehen. Leider hatte ich mein Stativ nicht dabei und konnte die tausende (ja es waren wirklich tausende) Sterne nicht einfangen und festhalten - aber das wird die nächsten Monate noch öfter ausprobiert, wenn wir weit weg von jeglichen Lichtern und Städten sind. 

 

Am nächsten Morgen durften wir ausschlafen und mussten erst um 08:30 Uhr mit der Arbeit beginnen. 

An einem Tag war Ralf mit der Drohne, unserer Actioncam und zwei Handys mit auf der Straße, als eine große Gruppe von Bikern (Motorräder) ein „Memorial-Ride“ machte. Ein junger Mann, der Sohn eines Mannes aus dem Chapter war vor einigen Wochen an einer Krankheit verstorben und er wünschte sich vor seinem Tod – der vorhersehbar war, dass die Biker eine „Ausfahrt“ machen würden in Gedenken an ihn. Ralf filmte das Ganze. Danach machte er sich im Roadhouse mit meiner Hilfe hin und wir schnitten das Video, fügten ein paar Texte hinzu und hinterlegten es mit der Lieblingsband des Verstorbenen. 

Das Ralf jeden Dienstag kochen darf bzw. das Mittagsgericht raussuchen darf hatte ich – glaub ich – bereits erwähnt. Wenn nicht, wisst ihr es jetzt. Wir haben bereits Fleischbällchen in Tomatensoße (ala Alberto) mit Nudeln gekocht, Hackbraten mit Rosenkohl und Kartoffelbrei, Gulasch mit selbst geschabten Spätzle und und und … Selbstgemachter Apfelkuchen wurde schon verkauft, meine Veggie-Burger haben schon einen Abnehmer gefunden, Couscous-Salat wurde schon verkauft und auch Langos haben wir schon an den Mann und die ein oder andere Frau gebracht. Uns macht es Spaß und für die Einwohner hier ist es ein wenig Abwechslung, die es jedoch nach unserer Abreise nicht mehr so geben wird. Janice – unsere Chefin – wird alles wie gewohnt weiterführen. Außer die nächsten Backpacker bringen Eigeninitiative ein und zaubern eigene Sachen. 

Einen Vormittag (mussten von 5:30 – 09:30 Uhr arbeiten) sind wir nach Dongara gefahren, haben dort am Strand zu Mittag gegessen (unsere vom Roadhouse mitgenommenen Sandwiches) und sind dann weiter nach Geraldton. Dort haben wir dann mal unsere Essenslager wieder aufgefüllt, sind im Coles shoppen gegangen (Lebensmittel) und danach noch in den Target (Billigkleidung) shoppen. Hier haben wir auch unsere Malsachen erworben. Am Nachmittag mussten wir dann den Heimweg wieder antreten, da bei Einbruch der Dunkelheit viel zu viele Kängurus auf den Straßen unterwegs sind. Sie hüpfen in Gruppen/Scharen über die Straßen und man sollte sie lieber nicht erwischen. Denn sonst hat man schnell mal eine kaputte Motorhaube (mit Motorschaden) oder eine kaputte Frontscheibe, wenn so ein Känguru in die Scheibe springt. 

 


Hier habe ich auch meine ersten (lebenden) Kängurus gesehen und hab mich direkt in sie verliebt.

Aber da werden noch Bilder folgen – ich hoffe zumindest, dass ich sie einmal vor die Linse bekomme!

 


Jetzt gerade sitzen wir an der Küste. Wir haben spontan zwei Tage „frei genommen“ und sind nach Sandy Cape gefahren. Es liegt an der Küste zwischen Geraldton und Perth – am Indian Ocean Drive. Befinden uns gerade an der Sandy Cape Road in der Nähe von Jurien Bay. Hier haben wir einen „Campingplatz“ gewählt, der direkt am Strand liegt. Wir sind an einigen Campervans vorbeigefahren, wollten aber dann doch lieber weiter und für uns allein sein. Es schien, als wären wir am Ende des Campinggeländes, da sahen wir eine enge Straße, die sehr hügelig war. Ralf erzählte zuvor schon auf der Strecke von dem Campingplatz und einem Abschnitt nur für 4wd, also für allradbetriebene Autos. Wir fuhren einfach drauf los und fanden dann unser Traumplätzchen. Wir parkten unseren Rocky, bauten die Markise und anschließend das Rooftop-Tent auf. Stühle aus dem Auto, Tisch aufgebaut und Musik an. Wir waren angekommen und jetzt sitzen wir hier. Ich habe zwischenzeitlich mal gemalt, den Strand und die Umgebung erkundet und Ralf hat die Luftmatratze (1,20 m breit) aufgepumpt und sich in die Sonne geknallt. Wir machen einfach mal nichts und genießen unsere freien Stunden, beobachten die Möwen, lauschen den Wellen und werden dann wahrscheinlich noch ein Lagerfeuerchen machen, wofür ich vorhin schon Brennholz gesucht habe. Wir haben eine Feuerstelle aus Steinen gebaut, um sicherzustellen, dass das Feuer auch da bleibt, wo es sein soll. Mit warmen Klamotten, dem ein oder anderen Bierchen und unsere Ukulele (+ Musik aus den Boxen), ein paar schönen Lämpchen von unserer Lichterkette, dem Lagerfeuer, gutem Essen (was wir mitgenommen haben) einer Decke auf dem Schoß und nur mit UNS und dem Indischen Ozean werden wir diesen ersten freien Abend am Strand verbringen. 

Die Nacht war gar nicht so kalt – wie erwartet. Wir hatten uns dick eingepackt, Mütze auf und auf unser Auto (ins Zelt) gekuschelt. Sowohl beim Einschlafen als auch beim Aufwachen hörten wir das Rausches des Meeres. Am nächsten Morgen machten wir unser „Zeltfenster“ auf und schauten minutenlang einfach nur raus: Die Sonne, die schon aufgegangen war und immer weiter hoch in den Himmel wanderte, das Meer, das über Nacht den halben Strand überflutete, die Möwen die sich gerade ihr Frühstück fingen. Apropos Frühstück: ich krabbelte aus dem Bett raus, vom Dach runter, schnappte mir Müsli und eine Schüssel, setze mich ans Meer und schlabberte mein Frühstück in mich rein. Danach bauten wir in Ruhe unser Lager wieder ab: Markise einrollen, Zelt zusammenklappen, Stühle und Tisch verstauen und dann waren wir auch schon wieder abfahrbereit. 

Wir machten uns auf den Weg nach Dongara. Hier waren wir schon einmal für einen kurzen Stopp, als wir mal einen halben Tag frei hatten. Wir hielten kurz am Hafen von Leeman an, machten kurze Rast und fuhren dann weiter nach Dongara um Fish ‚n‘ Chips zu kaufen. Im Zentrum der Stadt holten wir uns dann ein frühes Mittagsessen und fuhren weiter zum Strand, wo wir das total vor Fett triefende Essen aßen. Dann sprangen wir ins Auto und fuhren weiter. 

Ralf sah beim Vorbeifahren ein Schild „Greenough – Wildlife & Bird Park“. Blinker – Links heranfahren – Bremsen – Umdrehen – Wildpark! Hier werden aus der Wildnis gerettete Tiere versorgt und wieder aufgepäppelt. Es ist ein privater Park, den zwei Australier mit sehr viel Liebe betreiben. Der Eintritt von 25 $ für zwei Personen ist zwar teuer – aber das Futter für die Tiere und die Medikamente müssen ja irgendwie bezahlt werden. Hier hausen Krokodile, Emus, Straußen, verschiedene Arten von Kängurus, zahllose Vogelarten, Reptilien, ein Kamel, Alpakas, Schafe, Ziegen, Pfauen, Hausschweine u.v.m.

Danach fuhren wir dann noch ca. 15 km weiter. Endlich waren wir in Geraldton angekommen. Hier wollten wir eig. nur kurz den Campingplatz anschauen, an dem wir an Ralfs Geburtstag höchstwahrscheinlich übernachten wollen. Hier sahen wir am Ende einen Weg der auf den Strand führte. Ein Australier sagte uns, dass man dort auch fahren könne. Gesagt – Getan. Zuerst fuhr ich ein wenig am Strand entlang – unser Rocky machte das echt spitze: man merkte kaum, dass man keinen festen Untergrund unter sich hatte. Ich merkte schnell, dass Ralf auch ganz heiß darauf war und ließ ihn auch mal ans Steuer. Wir fuhren ein wenig auf und ab, machten Fotos von unserem ersten Beach-Drive und fuhren dann zum Einkaufen ins Zentrum. Wir kauften Lebensmittel ein und stöberten durch den ein oder anderen Shop. Dann mussten wir schon wieder den Heimweg antreten, um nicht in der totalen Dunkelheit zu fahren. 

Fazit: So ein Ausflug tut sooo gut, wenn man zuvor 6-7 Wochen durchgearbeitet hat – 7 Tage die Woche. Unsere erste Nacht am Strand, auf dem Auto (im Zelt) und Lagerfeuer war einfach nur „lovely“ wie es die Australier sagen würden. Wir sind jetzt angefixt und wollen am liebsten gleich weiter und nicht mehr zurück. Aber die Arbeit ruft und wir müssen jetzt noch drei Wochen durchhalten. Dann heißt es für uns: Ausschlafen-  Abenteuer - Australien

 

 

 

Evi (& Ralf)

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